Immer wieder hört man von einer Abneigung, bis hin zu einer verurteilenden Verunglimpfung von BDSM. Auch unzählige Profile, bspw. im JOYclub, schmücken sich unter „geht gar nicht" oder „das mag ich nicht" mit Schlagworten wie „Fetisch", „BDSM", „SM", „Schmerzen", „Gewalt", „Perverses" und anderen Assoziationen.
In einer interessanten Unterhaltung neulich hörte ich folgenden Satz:
„Es ist schon pervers und krank was diese SM'er da treiben. Sie fügen sich Schmerzen zu, erniedrigen sinnfrei, oder lassen sich erniedrigen, sind in ihren Handlungen geprägt von Gewalt und Züchtigung, und sowieso hat all das doch nichts mehr mit Sexualität zu tun."
Eine Sicht auf die Dinge, die sich wie selbstverständlich ergibt, wenn man auf die Hintergründe solcher Aussagen jedes Einzelnen schaut.
Selbstverständlich hat man eine Abneigung, gar eine Aversion gegenüber BDSM, wenn doch das erste oder einzige Erlebnis geprägt war von einem krankhaft realen Psychosadismus. Oder aber das erste Erlebnis davon geprägt war, seinen Hintern für irgendwelche Schlagrituale herzuhalten weil es "dazu gehöre" so gezüchtigt zu werden, und dies notwendig sei für eine "Erziehung". Selbstverständlich hat man eine Abneigung dagegen, wenn man jenseits des gesunden Verstandes, oder jenseits von Sinnlichkeit und Erotik, mit fremdartigen Praktiken und Zwängen zwangskonfrontiert wurde. Selbstverständlich mag man BDSM nicht, wenn ohne IQ und EQ ein Szenario entstand, in dem man sich nicht wieder fand und welches einfach nur unangenehm und negativ befremdlich war. Selbstverständlich mag man BDSM nicht wenn einfach IQ und EQ der Beteiligten, wie im realen Leben jenseits der Sexualität so oft, nicht zusammen passen.
Umso erstaunlicher sind Begegnungen in denen eben jene plötzlich feststellen müssen, dass ihre Sicht vielleicht so nicht ganz repräsentativ ist.
Häufig sind es nur Vorurteile, negative Erfahrungen, gefährliche Halbwahrheiten und vor allem eine intolerante, bornierte Sicht auf die Dinge.
Es gibt kein BDSM was man mag oder nicht mag, praktiziert oder nicht praktiziert, ablehnt, befürwortet oder verurteilen muss. BDSM ist genau das, was jeder Einzelne daraus für sich persönlich macht. BDSM ist genau das, was man sich aus unzähligen Stilmitteln zu Nutze macht, um sein ganz persönliches, eigenes BDSM zu erleben. Für den einen ist es die gelebte Unterwerfung und das Ausleben nahezu aller Facetten die es gibt. Für „Heike" und „Jürgen" (Nennen wir so die Protagonisten im Fallbeispiel) ist es nur der eine Moment, in dem er sie fest packt beim Akt, und sie genau diese Art Kraft und Macht in eben diesem Moment will. Dann ist genau das, dieser kleine Moment, im Kopf und körperlich, ihr ganz persönliches kleines BDSM. Die Nächste will nicht auf allen Vieren kriechen müssen, das sei pervers und herabwürdigend, und erschreckt dennoch über ihren Lustgewinn als seine Hand auf ihre erregte Scham schlägt. Und ist es nicht vielleicht auch Heike, die sich regelmäßig in den Oberarm beisst wenn sie einen Höhepunkt erlebt? Oder sich ihre Hand fest in ihre Brust krallt ohne je darüber nachgedacht zu haben, dass es vielleicht ihr eigenes kleines BDSM ist, genau diesen leichten Schmerz in genau diesem Moment spüren zu wollen?
Also, bevor man etwas so Komplexes ablehnt, oder gar abwertend verurteilt, sollte man sich mit einem Thema differenziert auseinander setzen, das hilft zu verstehen, und trägt sicherlich zu einem Verständnis bei, welches kultivierten Menschen Eigen sein sollte.
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